Das Spielbuch der israelischen Propaganda versucht, den palästinensischen Befreiungskampf als eine Frage des Terrors, nicht des Territoriums hinzustellen. Dank der pflichtbewussten Medien hat diese Bemühung, die Palästinenser als Terroristen hinzustellen, eine bedeutende Zugkraft auf gewisse Zielgruppen gehabt.
Aber wie kam Terrorismus nach Palästina und was waren seine Folgen, historisch und heute?
Thomas Suárez wirft in seinem Buch State of Terror: How Terrorism Created Modern Israel („Terrorstaat: wie Terrorismus das moderne Israel schuf“) ein neues Licht auf diese Fragen. Er macht dies größtenteils durch sorgfältiges Durchgehen von bisherig vernachlässigten freigegebenen Dokumenten aus den britischen National-Archiven, die die Periode des britischen Mandats über Palästina (1920 – 1948) umfassen.
Suárez Hauptthese ist, dass zionistischer Terrorismus „letztlich den Lauf der Ereignisse während des Mandats diktierte: es ist israelischer Staatsterror, der heute noch das Geschehen diktiert“.
Der Autor mahnt, dass er, während er unmissverständlich den palästinensischen Terrorismus gegen Zivilisten verurteilt, anerkennt, dass einige auf Grund einer asymmetrischen Macht zu extremen Maßnahmen greifen: z.B. als Reaktion auf Versuche, das palästinensische Volk zu unterwerfen und seine Ressourcen, sein Land und seine Arbeit zu enteignen.
Zionistischer Terrorismus hatte das Ziel, palästinensische Araber daran zu hindern, ihr Recht auf Selbstbestimmung auszuüben, meint der Autor. Und wenn einem Aggressor Widerstand begegnet, kann er kaum Selbstverteidigung als Rechtfertigung für seine eigenen Gewaltakte nennen. „Ansonsten würden alle Aggressionen selbst-gerechtfertigt“, schreibt Suárez.
Suárez ist kein professioneller Historiker. Doch „State of- terror“ ist von solchen Menschen wie dem israelischen Historiker Ilan Pappe gepriesen worden, der auf dem Bucheinband es eine „Meisterleistung“ nennt und „die erste umfassende und strukturierte Analyse“ der Gewalt, die von der zionistischen Bewegung vor und nach der Gründung Israels angewandt wurde. Tatsächlich ist Suárez’ Gelehrsamkeit beeindruckend. Das Buch umfasst fast 700 Fußnoten, die hauptsächlich auf Original-Quellen hinweisen.
Aufschlussreiche Meditation
Im besten Fall ist das Buch „State of Terror“ eine aufschlussreiche Meditation über Geschichte. Dies ist in den Anfangskapiteln besonders offensichtlich, die die Periode, die zum britischen Mandat führt und zur Erteilung der Balfour-Erklärung 1917 behandeln, in der Großbritannien ein „nationales Heim“ für die Juden verordnete.
Suárez bietet eine eindringliche Analyse von den Wurzeln der zionistischen Ideologie, die nicht nur ihre rassistische Untermauerung und kolonialistische Haltung gegenüber den Arabern zeigt , sondern auch einen Versuch macht, ihre politische, religiöse und kulturelle Vorherrschaft über das jüdische Volk auszuüben. In gewissem Sinn deckt Suárez den politischen Zionismus als eine Form des Antisemitismus und eine Art von Totalitarismus auf.
Die zionistische Misshandlung von Juden ist ein Unterthema, das durch Suárez Bericht läuft. Die frühen zionistischen Führer versuchten, Juden eher als eine „Rasse“ und eine „Nationalität“ hinzustellen, denn als ein Volk des Glaubens und der ethnischen Identität. Zionistische Führer wie David Ben Gurion behaupteten, die Juden seien „verpflichtet in Palästina zu siedeln“.
Suárez zitiert einen frühen Opponenten des Zionismus, den englisch-jüdischen Journalisten und Historiker Lucien Wolf, der den Zionismus als eine vollständige Kapitulation gegenüber den Verleumdungen der Antisemiten, die den jüdischen Kampf für Gleichheit in ihren Heimatländern behindern würde.
Um diese Behauptung zu unterstützen, bemerkt Wolf, dass Arthur James Balfour, der Außenminister in der Zeit der Erklärung war, die seinen Namen trägt, scheint von klassischem Antisemitismus motiviert worden zu sein, ein „nationales Heim“ für Juden zu versprechen. Als Ministerpräsident hatte Balfour 1905 versucht, die jüdischen Flüchtlinge, die vor den Pogromen im zaristischen Russland flohen, und nach Großbritannien einwandern wollten, zu blockieren: er sah sie als ein „unbestrittenes Übel“ an.
Suárez machte die effektvolle Behauptung, dass die „meisten Opfer“ der von zionistischen Paramilitärs im Mandat-Palästina ausgeführten gezielten Morde, Juden waren, zum Teil weil diese Milizen jüdische britische Soldaten und Polizisten als Verräter ansah. Dies war auch während des 2. Weltkriegs der Fall, als Großbritannien einen Kampf um Leben und Tod gegen Nazi-Deutschland führte.
Teilungsplan- Kapitulation
„State of Terror“ behauptet, dass die meisten Terrorakte gegen palästinensisch arabische Zivilisten gerichtet wurden. Sowohl der sozialdemokratische wie der revisionistische Flügel des Zionismus beteiligten sich am Terrorismus und wirkten oft in terroristischen Anschlägen zusammen, die nach dem Ende des 2. Weltkrieges eskalierten und ihren Höhepunkt im berühmten Anschlag auf das King David-Hotel im Juli 1946 erreichten, bei dem 41 palästinensische Araber, 28 Briten, 17 Juden, 2 Armenier, 1 Russen und 1 Ägypter getötet wurden.
Suárez behauptet, dass der UN-Teilungsplan von 1947 bei weitem eine Kapitulation gegenüber diesem Terrorismus war. Hier unterscheidet sich seine Aussage von dem, was andere Historiker einschließlich Tom Segev behaupten. Dieser schreibt in One Palestine, Complete: Jews and Arabs Under the British Mandate (1999), das das erschöpfte und bankrotte britische Empire beabsichtigte, Palästina zu verlassen, ungeachtet des zionistischen Terrorismus.
In Segevs Bericht war der britische Abgang ein vorher bestimmter Entschluss und der Terrorismus von beiden Milizen – der sozialdemokratischen und der revisionistischer - stellte einen Wettbewerb dar zwischen ihnen um „die Kontrolle des Staates, der bald errichtet werden sollte“.
„ Die Briten waren nicht der wirkliche Feind“, schreibt Segev, „die Araber waren es“.
Die zahlreichen Akte des Terrorismus gegen die palästinensischen Zivilisten während der Nakba von 1947 -49, wie z.B. das Massaker von Deir Yassin, spielen eine wichtige Rolle in Suárez abschließenden Kapiteln.
Mit der Errichtung von Israel 1948 wurde der paramilitärische Terrorismus zum offiziellen Staatsterrorismus.
Suárez ruft den Orwellschen Neusprech heraus, der Terrorakten offensichtlich Staatlichkeit freigibt, indem er die Reaktion der Weltöffentlichkeit nach Deir-Yassin im April 1948 mit dem blutigen Massenmord, der im Dorf al-Dawayima im Oktober 1948 geschah, nachdem Israel die Staatlichkeit erklärt hatte.
Dieses Massaker, bei dem 145 Leute umkamen laut einer Schätzung des Dorfältesten, wurde weithin – nach Suárez als eine „Militär-Operation“ angesehen, obwohl neue Studien es genauer als ein Beispiel von Staatsterror beschrieben haben.
Suárez widmet den zionistischen Bemühungen große Aufmerksamkeit, die Holocaust-Überlebenden daran zu hindern, in andere Länder als Palästina auszuwandern und junge Überlebende Juden aus Pflegeheimen in Europa zu kidnappen, um sie nach Palästina zu bringen.
Hier bezieht sich Suárez auf Yosef Grodzinskys wegweisendes Buch: In the Shadow of the Holocaust: The Struggle Between Jews and Zionists in the Aftermath of World War II („ Im Schatten des Holcaust: der Kampf zwischen Juden und Zionisten nach dem 2.Weltkrieg“) (2004)
Suárez erzählt auch vom Terror unter falscher Flagge in Ägypten, dafür bestimmt, die US –Unterstützung für Israel zu gewinnen. In jener Zeit berühmt, aber seitdem weithin vergessen: Israels Einheit 131 führte terroristische Bombenanschläge gegen zivile Ziele in Alexandria und Kairo durch, hautsächlich Kinos, die vor allem von US- und britischen Bürgern besucht wurden. In einem 2005 freigegebenen Bericht der CIA, wurden diese Anschläge als eine verpfuschte Operation unter falscher Flagge.
Er schließt auch die schändliche Schuldzuweisung von Holocaust-Überlebenden durch israelische und zionistische Vertreter ein für Akte von kollektiver Bestrafung, die im Geheimen von israelischen militärischen Kräften ausgeführt wurden, wie das Massaker im Westjordanland-Dorf Qubiya 1953, das von der Einheit 101 unter dem Kommando von Ariel Sharon ausgeführt wurde.
„State of Terror“ ist ein umfassender Führer des zionistischen und israelischen Staatsterrorismus und einer, der wertvolles Licht auf die Situation von heute wirft.
Wie Suárez schließt: „Terrorismus … ist das einzige Mittel, mit dem eine einheimische Bevölkerung unterworfen, entmenschlicht und vertrieben werden kann. Dies ist die Realität vom heutigen Israel-Palästina-Konflikt.“

State of Terror
How Terrorism Created Modern Israel
Thomas Suárez
Olive Branch Press 2017
6" x 9" • 420 pages
ISBN 9781566560689 • paperback
$20.00